Fair-Value-Rechner anhand der KGV-Methode
Wertorientierte Investoren wie Warren Buffett kaufen aussichtsreiche Aktien, die unter ihrem fairen Wert gehandelt werden. Dadurch stellen sie sicher, dass ihr Portfolio nur Titel mit einem besonders attraktiven Chance-Risiko-Verhältnis enthält und über die Jahre hinweg deutlich überdurchschnittliche Renditen abwirft. Genauso gehen wir auch im Kontext der Cashflow-Strategie vor, die uns zu sehr ordentlichen Renditen verhilft.
Was versteht man unter dem fairen Wert?
Der faire Wert (auch Fair Value oder innerer Wert genannt) ist der Marktwert einer Vermögensanlage, der auf der Grundlage der objektiven Finanzdaten ermittelt wird. Zu Berechnung des fairen Werts werden beispielweise die Gewinne, Cashflows, Wachstumsperspektiven und andere Fundamentaldaten verwendet, die die operativen Aussichten des Unternehmens widerspielgeln.
Wie ermittelt man den fairen Wert?
Besonders verbreitet im Kontext der Unternehmensbewertung ist das sogenannte Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF). Hierbei wird der Cash Flow des Unternehmens in der Zukunft abgezinst, wodurch sich ein in der Gegenwart aussagekräftiger fairer Wert ergibt.
Aufgrund seiner Komplexität tun sich allerdings viele Privatanleger mit dem DCF-Verfahren schwer. Daher möchten wir Dir heute ein intuitiveres Verfahren zur Ermittlung des fairen Werts vorstellen, die sogenannte KGV-Methode.
Unternehmenswert anhand der KGV-Methode
Bei der KGV-Methode wird der faire Unternehmenswert mithilfe des historischen KGVs und Gewinnwachstums berechnet. Die Methode ist vor allem auf Unternehmen mit einer konstanten Gewinnhistorie und annähernd prognostizierbaren Gewinnen anwendbar. Dabei geht man wie folgt vor:
- Im ersten Schritt wird das künftige Gewinnwachstum des Unternehmens anhand der historischen Wachstumraten und der aktuellen Aussichten geschätzt. Zur Schätzung können auch Analystenprognosen eingesetzt werden.
- Im zweiten Schritt schätzt man anhand des Gewinns pro Aktie im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr und der angenommenen Wachstumsrate den Gewinn pro Aktie im letzten Prognosejahr. Der Prognosezeitraum sollte je nach Anlagehorizont zwsischen 5 und 10 Jahren liegen.
- Im dritten Schritt multipliziert man den geschätzten Gewinn im letzten Prognosejahr mit dem historischen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und erhält so den fairen Wert im letzten Prognosejahr. Als historisches KGV kann einfach der KGV-Mittelwert der letzten 5 bis 10 Jahre eingesetzt werden. Wenn der Prognosezeitraum bei 5 Jahren liegt, nimmt man den 5-Jahres-KGV-Mittelwert usw. Unterscheidet sich das geschätzte Gewinnwachstum deutlich vom historischen Wachstum, kann auch ein höheres oder niedrigeres KGV-Multiple angenommen werden.
- Im vierten Schritt definiert man seine erwartete Rendite für die jeweilige Anlage. Die erwartete Rendite entspricht dem Diskontierungssatz, der zur Abzinsung eingesetzt wird und setzt sich aus dem risikolosen Zinssatz (Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen im Land der Heimatbörse) und der Risikoprämie (verlangte Entschädigung für das eingegangene Risiko) zusammen. Während die risikolose Rendite konstant für alle Anlagen bleibt, variiert die Risikoprämie je nach Einschätzung des Risikos des jeweiligen Vermögenswerts. Für etablierte Unternehmen mit konstantem Gewinnwachstum haben sich Diskontierungssätze zwischen 8 % und 12 % bewährt. Bei riskanteren Anlagen können Diskontierungssätze von bis zu 20 % genommen werden.
- Im fünften Schritt wird der faire Wert mithilfe des fairen Werts im letzten Prognosejahr und der erwarteten Rendite abgeleitet.
Anwendung der KGV-Methode anhand der Alphabet-Aktie
Das Unternehmen hat im Geschäftsjahr 2023 einen Gewinn pro Aktie von 5,80 Dollar erwirtschaftet. Im 5-Jahres-Zeitraum entspricht dies einem durchschnittlichen jährlichen EPS-Wachstum von rund 22 %. Das durchschnittliche KGV in den vergangenen 10 Jahren lag bei 29 und in den vergangenen 5 Jahren bei 25.
Wir gehen davon aus, dass Alphabets Wachstumsdynamik sich in den nächsten 5 bis 10 Jahren etwas abschwächen wird. Unter konservativen Annahmen ist bei Alphabet ein jährliches EPS-Wachstum von 15 % und ein KGV-Mittelwert von 22 (liegt unter dem 5-Jahres-Mittelwert) realistisch.
Basierend auf diesen Annahmen würde Alphabet 2028 einen Gewinn pro Aktie von 11,67 USD erzielen, wie Du der folgenden Rechnung entnehmen kannst:
EPS (GOOGL) \ im \ Jahr \ 2028 = 5,80 \ USD * \\~\\ * ~{\mathrm{1,15}}^{\mathrm{5}} = 11,67 \ USD
Wir multiplizieren diesen Wert mit 22 (faires KGV) und erhalten für das Jahr 2028 einen fairen Wert pro Aktie von rund 256,65 USD.
Fairer\ Kurs\ (GOOGL)\ im\ Jahr\ 2028\ = \\ ~ \\ = \ 11,67\ USD\ *\ 22\ =\ 256,65\ USD
Um nun den aktuellen fairen Wert von Alphabet zu ermitteln, müssen wir den fairen Wert im Jahr 2028 nur noch auf den heutigen Tag abzinsen. Als Diskontierungssatz nehmen wir unsere durchschnittliche Renditeerwartung für Alphabet. Wir erwarten, dass die Aktie eine Rendite von 12 % pro Jahr abwirft (liegt unter dem prognostizierten Gewinnwachstum). Der Abzinsungsfaktor auf Sicht von 5 Jahren würde damit 1,12^5 entsprechen und wir erhalten einen fairen Wert pro Aktie von rund 145,62 USD.
Fairer\ Kurs\ \left(GOOGL\right) = \\ ~ \\ = \frac{\ 256,65\ USD\ }{\ {1,12}^{5\ }}=\ 145,62\ USD
Bei einem aktuellen Kurs von Alphabet von 154,94 USD ist die Aktie unter den obigen Annahmen leicht um ca. 6 % überbewertet.
Video: KGV-Methode anhand der TSMC-Aktie
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