Adobe: Zwischen Disruption und Chance
Adobe ist der unangefochtene Marktführer im Bereich kreativer Software. Produkte wie Photoshop, Illustrator, Premiere oder Acrobat sind seit Jahren Industriestandard und haben dem US-Konzern lange Zeit zu einer beeindruckenden Performance verholfen.
Umso mehr überrascht es, dass die Adobe-Aktie seit 2020 im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr aus dem Quark kommt. Auf 5-Jahres-Sicht steht ein Minus von knapp 18 % zu Buche. Hat der Softwareanbieter seinen Zenit überschritten – oder wird Adobes Potenzial an der Börse schlicht unterschätzt?
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Künstliche Intelligenz: Segen und Fluch zugleich
Ein zentraler Faktor in dieser Bewertung ist Adobes Umgang mit Künstlicher Intelligenz. Kaum ein Unternehmen erlebt den Wandel durch generative KI so hautnah wie Adobe. Auf den ersten Blick scheinen die Kalifornier von der Entwicklung zu profitieren: Firefly, Generative Fill, KI-unterstützter PDF-Workflow mit Acrobat AI – all das spricht für eine technologische Vorreiterrolle.
Doch bei genauerem Hinsehen offenbart sich eine paradoxe Entwicklung: Die Technologien, die Adobe selbst mitentwickelt, gefährden zugleich das Geschäftsmodell, auf dem jahrzehntelanger Erfolg aufbaut.
Warum Adobes Kerngeschäft unter Druck gerät
Adobes Erfolg basierte lange auf zwei Säulen: hochpreisige Kreativsoftware und ein wachstumsstarkes Abo-Modell. Doch generative KI macht Kreativität günstiger, schneller und für viele Nutzer verzichtbar auf die klassischen Tools.
Ein Beispiel: Wo früher ein Grafikdesigner mehrere Stunden für ein Mockup in Photoshop brauchte, generieren KI-Dienste wie Midjourney oder Runway in Sekunden eine brauchbare Visualisierung – teilweise kostenlos oder im deutlich günstigeren Preismodell. Viele Startups bieten schlankere, cloudbasierte Tools mit starker KI-Integration ohne die Komplexität und Lernkurve von Adobe Creative Cloud.
Die Folge: Die Einstiegshürden in den kreativen Markt sinken rapide – und damit der Bedarf an komplexen Profi-Lösungen. Einzelanwender und kleine Agenturen, eine Kernzielgruppe Adobes, steigen zunehmend auf günstigere Alternativen um.
Das Abo-Modell im Wandel
Hinzu kommt: Das abonnementbasierte Geschäftsmodell, das Adobe einst revolutionierte, könnte selbst ins Wanken geraten. Wenn KI-Tools schneller veralten oder in Konkurrenz zueinander treten, steigt der Preisdruck. Der wahrgenommene Mehrwert eines monatlichen Software-Abos sinkt, insbesondere wenn es sich dabei um gelegentliche Nutzer handelt.
Zudem wird das Angebot fragmentierter: Einzelne KI-Module werden separat gebucht, Workflows ausgelagert oder durch API-Dienste ersetzt. Adobe muss daher stärker als Plattform und nicht nur als App-Anbieter agieren. Ein Wandel, der erhebliche Investitionen und neue Denkweisen erfordert.
KI-Offensive zeigt Wirkung – auf Nutzerseite
Adobe versucht seit Jahren gegenzusteuern, indem es selbst KI-Lösungen anbietet: Die hauseigene Firefly-Engine für generative Inhalte ist tief in Creative Cloud integriert, Express und Acrobat verfügen über KI-gestützte Assistenten. Die Zahl der generierten Inhalte in Firefly hat mittlerweile 24 Milliarden erreicht, die Nutzerzahlen bei Acrobat AI und Express AI haben sich im Jahresvergleich verdreifacht.
Das zeigt: Adobe hat den KI-Zug nicht verpasst, im Gegenteil. Das Unternehmen entwickelt zunehmend ein Ökosystem, das von KI durchdrungen ist. Die Nutzer greifen diese Angebote gut auf, was sich unter anderem in steigenden Abfragen, App-Traffic und steigenden Paid-Accounts zeigt. Dennoch bleibt ein Problem: Die zunehmende Nutzung schlägt sich bislang nur bedingt in den Finanzkennzahlen nieder.
Die Boomjahre sind vorbei
Im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2025 konnte Adobe mit einem Umsatz von 5,87 Mrd. USD zwar die Analystenerwartungen leicht übertreffen, das Wachstum fiel mit 11 % jedoch unspektakulär aus. Immerhin wurde das Tempo gegenüber dem ersten Quartal leicht erhöht.
Auch der Ausblick signalisiert keine Beschleunigung: Für das dritte Quartal rechnet Adobe „nur“ mit 9 % Umsatzwachstum und 11 % Gewinnwachstum – beides eine Verlangsamung gegenüber dem Vorquartal. Die operative Marge liegt mit rund 36 % zwar auf hohem Niveau, zeigt jedoch keine Dynamik.
Trotz massiver Investitionen in neue Produkte gelingt es also Adobe bislang nicht, daraus ein beschleunigtes Wachstum zu generieren.
Solide Bilanz und attraktive Bewertung
Adobe ist finanziell robust aufgestellt. Die Bruttomarge liegt bei über 89 %, der freie Cashflow bleibt stark. Das Unternehmen verfügt über 8 Mrd. USD Cash und könnte damit über 70 % der kurzfristigen Verbindlichkeiten über seine liquiden Mittel finanzieren. Auch der Verschuldungsgrad ist mit knapp 53 % solide für ein Tech-Unternehmen.
Mit einem erwarteten KGV von knapp 17 (2025e) und einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von rund 7 ist die Bewertung historisch betrachtet attraktiv. Laut dem Fair-Value-Rechner liegt der faire Wert bei ca. 490 USD, was einer Unterbewertung von über 30 % entspricht. Auch InvestingPro (Partnerlink mit 15 % Rabatt) gibt einen fairen Wert von 484 USD an.
Aber auch angeschlagenes Chartbild
Allerdings ist das Chartbild angeschlagen. Die Aktie hat seit dem Hoch im Dezember 2023 deutlich nachgegeben, der 50-Tage-Durchschnitt liegt klar unter dem 200-Tage-Durchschnitt. Der RSI deutet mit 48 auf eine neutrale Lage hin.
Potenzial ja – aber auch offene Fragen
Adobe hat enormes Potenzial, eine führende Plattform für KI-gestützte Kreativanwendungen zu werden. Gleichzeitig birgt der Wandel hin zur KI-gestützten Content-Erstellung aber auch strukturelle Risiken.
Ein Teil des bisherigen Geschäftsmodells – insbesondere der Verkauf komplexer Kreativsoftware an professionelle Anwender – wird durch automatisierte, KI-gestützte Alternativen zunehmend infrage gestellt. Damit steht Adobe vor der Herausforderung, bestehende Kundengruppen nicht zu verlieren und gleichzeitig neue Märkte zu erschließen.
Trotz dieser Unsicherheiten traue ich dem Unternehmen zu, den Übergang erfolgreich zu gestalten. Adobe verfügt über eine solide finanzielle Basis, starke Fundamentaldaten und einen breiten Kundenstamm. Die dominante Stellung im Kreativ- und Digitalbereich verschafft dem Konzern strukturelle Wettbewerbsvorteile, sowohl bei der Entwicklung neuer Produkte als auch bei deren Monetarisierung.
Kurzfristig fehlen dem Papier allerdings sowohl fundamentale als auch technische Impulse. Die Kursentwicklung spiegelt die strategische Neuausrichtung bisher kaum wider, und auch von Seiten der Geschäftszahlen ist keine spürbare Beschleunigung des Wachstums zu erkennen.
Daher gilt: Investierte Anleger können die Position weiter halten. Ein Neueinstieg drängt sich aus heutiger Sicht jedoch nicht auf.
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