Das DCF-Verfahren: So bewerten Top-Analysten Aktien

Das DCF-Verfahren: So bewerten Top-Analysten Aktien

Viele Privatanleger und Finanzmedien verfolgen mit großem Interesse, was Top-Analysten zu Aktien veröffentlichen. Eine besonders hohe Resonanz rufen dabei die Kursziele der Wall-Street-Experten hervor. Weniger versierten Börsianern bleibt jedoch ein Rätsel, wie die Analysten überhaupt die Aktien bewerten.

Neben den wohlbekannten Bewertungsmultiples – wie das KGV, KBV, KCV und KUV – nutzen die Experten  das sogenannte Discounted-Cashflow-Verfahren (kurz: DCF-Verfahren oder DCF). Hierbei wird der Marktwert von Unternehmen anhand der künftigen Cashflows auf den heutigen Tag abgezinst. Der so ermittelte faire Marktwert des jeweiligen Unternehmens wird dann zur Bestimmung von Kurszielen herangezogen. Wir wollen uns nun anschauen, wie das Verfahren in der Praxis umgesetzt wird.

Das DCF-Verfahren: Prognostizierung der künftigen Cashflows

Zunächst müssen wir den Free-Cash-Flow (FCF) des jeweiligen Titels für unsere Betrachtungsperiode schätzen. Als Betrachtungszeitraum nimmt man in der Regel die nächsten 5 bis 10 Jahre. Um den künftigen Cashflow zu prognostizieren, orientiert man sich an den historischen Wachstumsraten des Unternehmens und dem aktuellen Zinsumfeld.

Nachdem man die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate ermittelt hat, kann man nun den FCF im Jahr n wie folgt berechnen (a steht für die prognostizierte Wachstumrate und FCF für den Free Cashflow im letzten Fiskaljahr):

{\mathrm{FCF}}_\mathrm{n}\mathrm{\mathrm{=}FCF\mathrm{\ast}(}{\mathrm{1+a)}}^\mathrm{n}

{\mathrm{FCF}}_\mathrm{n}\mathrm{\mathrm{\ =\ }Free\ Cashflow\ im\ Jahr\ n}

Das DCF-Verfahren: Ermittlung des Abzinsungsfaktors

Um den Cashflow abzuzinsen, muss man zunächst den Diskontsatz bestimmen, aus dem man den Abzinsungsfaktor für das jeweilige Jahr ableitet. Am einfachsten nnutzt man für den Diskontierungssatz einfach seine eigene jährliche Renditeerwartung. Daraus leitet man den Abzinsungsfaktor im Jahr n dann wie folgt ab:

\mathrm{Abzinsungsfaktor\ (FCFn)\ =\ }\frac{1}{\mathrm{(1+}{\mathrm{r)}}^\mathrm{n}}

\mathrm{DFCFn\ =\ }\frac{{\mathrm{FCF}}_\mathrm{n}}{\mathrm{(1+}{\mathrm{r)}}^\mathrm{n}}

\mathrm{r\ =\ Diskontierungssatz;}

\mathrm{DFCFn\ =\ diskontierter\ FCF\ im\ Jahr\ n;}

DCF: Diskontierung des Free Cashflows

Nun haben wir alle Informationen beisammen, um die zukünftigen Zahlungen mithilfe der folgenden Formel  abzuzinsen. 

\mathrm{\ DFCF\ =}\frac{{\mathrm{FCF}}_{\mathrm{t\ =\ 1}}}{\mathrm{(1+}{\mathrm{r)}}^\mathrm{1}}\mathrm{+\ldots\ +\ }\frac{{\mathrm{FCF}}_{\mathrm{t\ =\ n}}}{\mathrm{(1+}{\mathrm{r)}}^\mathrm{n}}\mathrm{\ }

\mathrm{t\ =\ Jahr;\ r\ =\ Diskontierungssatz; }

\mathrm{ DFCF\ =\ diskontierter\ FCF;}

Das DCF-Verfahren: Ermittlung des Restwerts

Je weiter die Cashflows in der Zukunft liegen, desto weniger sind sie heute wert. Aus diesem Grund plant man für einen Prognosezeitraum von 5 bis 10 Jahren detailliert und ermittelt für den restlichen Zeitraum den sogenannten Restwert. Beim Restwert handelt es sich um einen Residualwert des Unternehmens für eine unendliche Zeitspanne, den man zum abgezinsten FCF hinzuaddiert, um den fairen Unternehmenswert zu erhalten. 

Wir berechnen den aktuellen Restwert, indem wir den FCF durch den adjustierten Diskontierungssatz (Diskontierungssatz minus ewige Wachstumsrate) dividieren (Restwert im Jahr n) und das Ergebnis nochmal auf den Bewertungsstichtag abzinsen.

Bei der ewigen Wachstumsrate handelt es sich um die Wachstumsrate, die nach dem Prognosezeitraum angenommen wird (auch ewige Rente genannt). In der Regel genügt es, wenn man für die ewige Wachstumsrate die durchschnittliche historische Inflationsrate verwendet. Die Formeln für den Restwert und fairen Unternehmenswert sehen dann wie folgt aus:

\mathrm{Fairer\ Wert\ =}\left(\sum_{\mathrm{t=1}}^{\mathrm{n}}\frac{{\mathrm{FCF}}_\mathrm{t}}{\mathrm{(1+}{\mathrm{r)}}^\mathrm{t}}\right)\mathrm{+}\frac{\mathrm{Restwert}\ }{\mathrm{(1+}{\mathrm{r)}}^\mathrm{n}}\mathrm{\ }

\mathrm{Restwert\ =}\frac{{\mathrm{FCF}}_\mathrm{n}\mathrm{\ \ast\ (1+g)}\ }{\mathrm{(r\ -\ g)}}

\mathrm{t\ =\ Jahr;\ r\ =\ Diskontierungssatz; }

\mathrm{ g\ =\ ewige\ Wachstumsrate;}

FAZIT

Der faire Unternehmenswert beim DCF-Verfahren setzt sich folglich aus der Summe der abgezinsten künftigen Zahlungsströme und dem Restwert zusammen. Das hier vorgestellte Vorgehen mag in der Theorie komplex erscheinen, ist jedoch in der Praxis relativ einfach umzusetzen. Wichtig ist, dass man die einzelnen Schritte nachvollziehen kann. Zum besseren Verständnis werden wir im Rahmen unserer nächsten Beiträge das Verfahren auf reale Unternehmen anwenden.

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