Aus der Praxis eines Stillhalters: Der Long Call Calendar Spread
Ich bin ein großer Fan von Optionsgeschäften und setze diese insbesondere im Kontext der Cashflow-Strategie ein. Als Portfolio-Beimischung greife ich gelegentlich auch auf spekulativere Optionsstrategien wie den Long Call Calendar Spread zurück.
Diese Strategie zielt darauf ab, von der Zeitwertdifferenz zwischen Optionskontrakten mit dem gleichen Ausübungspreis und verschiedenen Laufzeiten zu profitieren. Der Optionshändler setzt darauf, dass der Short-Kontrakt mit der kürzeren Laufzeit wertlos verfällt, während der Long-Kontrakt mit der längeren Laufzeit gewinnbringend sein wird.
Aufsetzen des Setups
Dabei kauft der Optionshändler eine Call-Option mit einem späteren Verfallsdatum. Diese Option ermöglicht es ihm, von einer potenziellen langfristigen Aufwärtsbewegung des Basiswerts zu profitieren.
Gleichzeitig verkauft er eine Call-Option mit einem näheren Verfallsdatum. Der Verkauf dieser Option hilft dabei, die Kosten für den Kauf der langfristigen Option zu reduzieren und damit das Risiko auf die Preisdifferenz zwischen den beiden Optionskontrakten zu begrenzen.
Wenn der Basiswert während der Laufzeit der kurzfristigen Short-Option sich seitwärts bewegt oder nur geringfügig steigt, profitiert der Optionshändler vom Zeitwertverlust der kurzfristigen Option. Bestenfalls verfällt diese wertlos und er streicht die volle Prämie ein.
Steigt der Basiswert danach stark, kann der Optionshändler einen erheblichen Gewinn mit dem Long-Call realisieren – noch bevor dieser ausgeübt wird oder verfällt.
Adjustierung bei unerwünschtem Kursverlauf
Bei unerwünschtem Verlauf kann man verschiedene Verlustbegrenzungsmechanismen einsetzen (auch Adjustierung genannt), die das Ziel verfolgen, die Tradekosten auf ein Minimum zu senken. Dazu gehören das Rollieren des Short-Kontrakts über die Laufzeit beziehungsweise über den Ausübungspreis, das Hinzufügen eines weiteren Calendar-Spreads auf einem anderen Ausübungspreis und andere.
Long Call Calendar Spread am Beispiel von Texas Instruments
Beispielhaft für einen Long Call Calendar Spread dient mein letzter Trade auf den Basiswert Texas Instruments (TXN) vom 31. Mai 2024. Die Aktie des Chipherstellers befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem Aufwärtstrend und notierte bei 195,77 USD. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Aktie bis zu den Quartalszahlen am 23. Juli steigt, war also hoch. Daher habe ich einen Long Call Calendar Spread auf TXN aufgesetzt, indem ich eine Call-Option mit dem Verfallstag 19. Juli 2024 verkauft (eingenommene Prämie: 195 USD) und gleichzeitig eine Call-Option mit dem Verfallstag 16. August 2024 (gezahlte Prämie: 400 USD) gekauft habe.
Ich spekulierte also darauf, dass die Aktie bis zum Verfallstag der Short-Call-Option am 19. Juli unter dem Strike von 210 USD notiert und danach über dieses Niveau steigt. Dies wäre der Idealfall, da ich dann sowohl mit dem Short-Kontrakt (Prämie wird ohne Gegenleistung einkassiert) als auch mit dem Long-Kontrakt Geld verdient hätte. Einen Gewinn mit der Long-Position hätte ich auch dann erzielt, wenn ihr Wert aufgrund der Zunahme der impliziten Volatilität gestiegen wäre.
Der mögliche Maximalverlust bei diesem Trade reduzierte sich auf die Tradekosten, also die Preisdifferenz zwischen den beiden Optionskontrakten – auch Debit genannt. In diesem Fall hätte ich also maximal 205,00 USD verlieren können. Das Gewinnpotenzial war allerdings wesentlich höher gewesen, da der Kurs des Basiswerts TXN nach oben keine Grenzen besitzt.
Verlauf des Trades
Nach der Eröffnung hat sich der Trade wie erwünscht entwickelt. Die Aktie ist nach oben gelaufen, ohne dass der Ausübungspreis von 210,00 USD vor dem Verfallstag der Short-Call-Option überschritten wurde. Daher habe ich bereits am 16. Juli die Position mit einem satten Gewinn von 120 % geschlossen.
Zu diesem Zeitpunkt notierte die Aktie bei 206,99 USD. Aufgrund des Zeitwertverfalls war die Short-Call-Option 3 Tage vor dem Verfall nur noch 60 USD wert, während die Long-Call-Option deutlich an Wert gewann und bereits 510 USD kostete. Ich habe also durch die Schließung der Position 450 USD eingenommen und einen Gewinn von 240 USD realisiert (+120 % auf den Einstiegspreis).
Spekulative Anleger kommen auf ihre Kosten
Der Long Call Calendar Spread ist eine herausragende Alternative zu allen anderen spekulativen Optionsstrategien, bei welchen man auf steigende Kurse setzt. Insbesondere in Bezug auf das Chance-Risiko-Profil sucht dieses Setup seinesgleichen.
Ich handle Calendar-Spreads und andere spekulative Strategien im Stillhalter-Depot meines Börsenbriefs. Das Stillhalter-Depot richtet sich an optionsaffine Anleger. Darüber hinaus beinhaltet der Börsenbrief drei weitere Depots mit Fokus auf langfristige Aktien- und ETF-Anlagen, die allesamt seit der Auflegung ihre Benchmark deutlich übertroffen haben. Du kannst den Börsenbrief hier abonnieren.
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Dieser Beitrag hat 4 Kommentare
Ist der Strike von der gekauften Call Option gleich dem Strike der verkauften Call Option?
Hallo Nico!
Genauso ist es. Die Strikes sind beide gleich, lediglich der Verfallstag unterscheidet sich.
Emil
Hallo Emil,
danke für deinen Beitrag.
Wie sind deine Erfahrungen zu mit dem Long Call Calendar Spread im Vergleich zu simpleren Optionsstrategien?
Ich für meinen Teil habe viele Optionsstrategien bereits ausprobiert, und bin immer wieder zu den simpelsten Optionen, also Short Put und Short Call zurück gekommen, da mir fortgeschrittenere Strategien nicht DEN entscheindenen Vorteil gegenüber den einfachen Straetgien gebracht haben.
Dazu würde ich mich deine Meinung brennend interessieren.
Beste Grüße
Christopher
Hallo Christopher!
Vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich stimmte Dir zu, dass die einfachsten Strategien (Shorts Puts und Calls) völlig ausreichen, um erfolgreich an der Börse ein Vermögen aufzubauen. Darauf baut ja auch die Cashflow-Strategie auf. Allerdings sind diese ja mit höherem Kapitalaufwand verbunden. Daher finde ich die Verwendung von fortgeschrittenen Strategien wie Calendar Spread oder Iron Condor als Beimischung sinnvoll. Gerade für kleinere Depots. Klar ist aber auch, dass diese komplexer sind und fortgeschrittene Kenntnisse voraussetzen.
Beste Grüße
Emil